Ein Glück fürs Repertoire

© Andreas Lander

Das Theater Magdeburg spielt die späte Uraufführung der Oper „Grete Minde“ des deutsch-jüdischen Komponisten Eugen Engel.

Da stehen sie, Grete und Valtin, die beiden Liebenden, und schauen sich an. Sie haben sich – und wollen am liebsten doch ganz woanders sein. Nicht vor dieser nackten Betonmauer, neben der sich alte Lederkoffer stapeln und hinter der ein Kind nach seiner Amme, nach Grete, schreit. Weg vor allem von der Dorfgemeinschaft, die ihnen und ihrer jungen Liebe so feindselig gesinnt ist. „Komm, Valtin, lass uns flieh’n!“, ruft sie ihm zu – und wird vom donnernden Glissando im Orchester recht unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Was die große Bühne des Magdeburger Theaters hier zeigt (in der Inszenierung von Olivia Fuchs), ist ein Gefängnis. Befreien kann Grete Minde sich nur, wenn sie dieses Gefängnis zerstört. Und das tut sie.

Szenenwechsel. Berlin-Mitte, ein paar Tage zuvor, Charlottenstraße 75: links ein Parkplatz, rechts ein massiver weiß geklinkerter Häuserblock. In den Coffeeshops und Kramläden im Erdgeschoss des Gebäudes unterhalten sich Leute, alles wirkt sauber. Die Atmosphäre ähnelt, wenngleich unter freiem Himmel, der in einem Großraumbüro. Man weiß, flanierend: Von 1945 bis kurz nach der Wende hat dieser Straßenabschnitt in Schutt und Asche gelegen – von dem Haus, das an dieser Stelle einmal stand, blieb keine Spur. Erst seit Kurzem erinnert ein Stolperstein daran, dass hier ein Musiker lebte, der Deutschland auf der Flucht vor den Nationalsozialisten verlassen musste. 1943 wurde der deutsch-jüdische Komponist Eugen Engel schließlich aus seinem Amsterdamer Exil deportiert und im Konzentrationslager Sobibor ermordet.

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Foto: © Andreas Lander