Man weiß nicht so recht, wo man anfangen soll. Beim Thema MeToo auf der Bühne? Bei den Umsetzungsversuchen männlich dominierter Regieteams, die sich am Ende dann aber doch lieber über feministische Kämpfe lustig machen? Oder bei der misogynen Anlage der Oper selbst, die jetzt die Münchner Opernfestspiele eröffnet hat, Krzysztof Pendereckis Die Teufel von Loudun?
Penderecki beschreibt in seinem auf einem Text von Aldous Huxley basierenden Werk die Geschichte eines Klosters, dessen Bewohnerinnen vom Teufel ergriffen werden und fortan Lust auf Rausch und Sex haben. Jeanne, die Priorin dieses Ursulinenordens (Aušrinė Stundytė), und ihre Schwestern fixieren sich auf Grandier, den Pfarrer von St. Peter (Jordan Shanahan/Robert Dölle) – sie verzehren sich nach ihm. Das darf nicht sein, denn weibliche Lust ist bekanntlich ein gefährliches Mysterium. Also holen die einflussreichen Männer des Dorfes den Exorzisten Barré (Martin Winkler), der Jeanne ihr Begehren austreiben soll. Zugleich machen sie dem Pfarrer, der politisch eine andere Meinung als sie vertritt, den Vorwurf, die Nonnen verführt zu haben, weshalb er am Ende der Oper hingerichtet wird.
Die Handlung bietet interessante Angriffspunkte, und manche nutzen der Regisseur Simon Stone und sein rein männliches Team Bob Cousins (Bühne), Vladimir Jurowski (musikalische Leitung) und Malte Krasting (Dramaturgie) auch im Ansatz: Dass hier mit Foltermethoden aus einem Mann ein Geständnis herausgepresst wird, ist als Anspielung Huxleys auf die amerikanische Kommunistenjagd in der McCarthy-Ära zu verstehen. Und dann ist da die Gefahr fundamentalistisch-christlicher Überzeugungen, die ja erst vor wenigen Tagen in den USA zum gesetzlichen Abtreibungsverbot geführt haben – sinnfälligerweise erinnert das Kloster in dieser Inszenierung eher an ein Gefängnis als an einen Ort der Geborgenheit. Der Wahn, weibliche Körper kontrollieren zu wollen, spielt in Pendereckis Oper eine zentrale Rolle: So lässt die Regie die mächtigen Männer den Nonnen viel zu nah kommen und sie gegen ihren Willen berühren – in einer Szene vergewaltigen der Apotheker Adam (Kevin Conners) und der Chirurg Mannoury (Jochen Kupfer) die gefesselte und mit einer Spritze betäubte Jeanne mit einem Gartenschlauch. All das soll wohl an die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche erinnern, von der nicht nur Jungen, sondern auch Frauen betroffen waren.