„Weg damit!“

In der norditalienischen Kleinstadt Vicenza hat der Dirigent Iván Fischer vor vier Jahren sein eigenes Festival gegründet. Spielort ist der erste freistehende Theaterbau, der nach Ende der Antike errichtet wurde, das Teatro Olimpico, mit seinem unter Denkmalschutz stehenden hölzernen Bühnenbild: das Konterfei einer italienischen Kleinstadt mit ihren Gassen und barocken Häuserfassaden, regelrecht magisch anziehend und kitschig zugleich. Iván Fischer mag das Alte, die Kunstfertigkeit, das Besondere – und gibt sich zugleich visionär und progressiv. Hannah Schmidt hat ihn Ende Oktober zum Interview getroffen.

VAN: Ihr Budapest Festival Orchestra ist aktuell von der Zeitschrift Gramophone zum ›Orchester des Jahres‹ gekürt worden. Ist das etwas Besonderes für Sie?

Iván Fischer: Das Schöne an diesem Preis ist doch, dass es ein Preis ist, den das Publikum vergibt. Ich weiß, das ist ein Klischee, aber ich sage immer: Eigentlich spielen wir doch für das Publikum.

Welches Orchester tut das denn nicht?

Wenn Sie sich ein bisschen umschauen, werden Sie viele Musiker:innen sehen, die eigentlich füreinander spielen. Sie möchten keine Fehler machen, weil das dann die Kolleg:innen hören. Das Publikum interessiert sich aber nicht für diese Fehler, manchmal ist es sogar ganz lustig und auch schön. Man möchte doch etwas Schönes erleben und nicht etwas Fehlerloses.

Was haben Orchester Ihrer Meinung nach für eine Aufgabe?

Das Publikum kulturell zu versorgen. Darum sind wir auf der Bühne, und daran muss man sich immer erinnern.

Das ist doch aber utopisch, oder nicht? Klassische Musik ist eine so kleine Sparte, damit kann man niemanden im Wortsinn ›versorgen‹ …

Das ist mir bewusst. Orchester sind hochsubventionierte Institutionen, und gleichzeitig gibt es so viele Musiker:innen, die ohne Subvention spielen: Kammermusiker:innen, Leute, die sich auf Alte Musik spezialisiert haben, Jazzmusiker:innen und so weiter. Ich frage mich: Mit welchem Recht beansprucht man als Orchester diese Subvention, das Geld der Steuerzahler:innen?

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