Wolfram Weimer soll Kulturstaatsminister werden: „Das macht mir Angst“
Als ich die Nachricht gelesen habe, ist mir kurz anders geworden. Wolfram Weimer, diesen Namen kenne ich doch: In den 2010er Jahren war er einer von diesen reaktionären Männern, denen das politische Leben zu modern, die Gesellschaft zu divers und die Liebe zu frei wurde und die deshalb glaubten, die Welt brauche eine konservative Revolution. 2018 hat er sein „konservatives Manifest“ veröffentlicht, und mir schaudert es noch immer, wenn ich daran zurückdenke: In „zehn Geboten“ hangelt er sich vom „Ehren“ der „Nation“ zu autoritären Gedanken über Religion und „Recht und Ordnung“, und reiht dazu noch biologistische Einlassungen über „Mann“ und „Frau“ und die heteronormative Kleinfamilie als „Vaterland des Herzens“. Für ihn ist die „biologische Selbstaufgabe“ demnach „das markanteste Zeichen für den zivilisatorischen Untergang Europas“.
Er ist ehemaliger Chefredakteur von „Welt“ und „Focus“ und hat den mittlerweile nach rechtsaußen gedrifteten „Cicero“ gegründet und seine eigene „Weimer Media Group“ Anfang des Jahres hat er über diese Plattform selbst noch ein flammendes Pamphlet für die CDU und Friedrich Merz verfasst und davor gewarnt, dass AfD-Wählende mit ihrer Stimme den „links-grünen Einfluss [stärken]“. Außer Spaß an der Oper hat er bisher kein großes Interesse an Kultur verlauten lassen – höchstens daran, gegen den „Multikulturalismus“ als „kulturelle Selbstvernichtung“ anzuschreiben.
Dieser Mann soll in Zukunft also die Entscheidungsgewalt haben ausgerechnet über die Rahmenbedingungen für Kultur in Deutschland. Dabei ist doch gerade die Kultur ein Ort der progressiven Utopie, gerade die Kunst ist ein Raum für freiheitliche Ideen, für Diversität und Machtkritik, gerade hier müssen Menschen ohne Angst verschieden sein können. Nun soll ein erzkonservativer Medienmanager über Projektmittel und Förderungen bestimmen, Stipendien und Preise vergeben und die kulturpolitischen Interessen des Landes vertreten?
Ich befürchte, dass er – wie die BILD andeutet – vor allem mit marktliberaler Brille an diese Aufgabe herangehen und im Stile eines Joe Chialo weiter den Subventionen an den Hals gehen wird. Das wird vor allem die freie Szene, aber auch die großen Institutionen stark unter Druck setzen. Wir müssen hoffen, dass es darüber hinaus nicht in Trump-Manier endet, und die Festivals und Häuser sich nach und nach dazu gezwungen sehen, um weiter gefördert zu werden, progressive Ansätze, Richtlinien und Produktionen zu ändern oder gar zu streichen. Die Personalie wirkt auf mich nicht wie eine ernsthafte inhaltliche Entscheidung, sondern wie revisionistischer Kulturkampf. Und das macht mir Angst.