In der Arbeitswelt gibt es viele Pay Gaps – also Lohnlücken. Die haben häufig nichts mit dem Job selbst zu tun. Vielmehr sind die Identität und gesellschaftliche Position derjenigen ausschlaggebend, die sie ausführen. Wie sieht es konkret in der Musikbranche aus?
Um die Unterschiede deutlich zu machen, ein paar Beispiele: Menschen mit Migrationshintergrund haben vor einigen Jahren in Deutschland bei gleicher Qualifikation rund 15 Prozent weniger Geld für ihre Arbeit bekommen als Menschen ohne Migrationshintergrund. Freischaffende Musikerinnen und Musiker erhalten im Monat durchschnittlich 480 Euro weniger als ihre festangestellten Kolleginnen und Kollegen. Und Frauen bekommen, je nach Branche, bis zu über 20 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Der Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, ist dabei das wohl am besten erforschte Missverhältnis.
Gerne wird da argumentiert, dass es häufig auch der Job oder die Arbeitssituation ist, die für Ungleichheit sorgt. Das stimmt in gewisser Weise auch. Männer arbeiten aufgrund ihrer privilegierten Stellung in unserer patriarchalen Gesellschaft deutlich häufiger in gutbezahlten Branchen. Frauen sind aus dem gleichen Grund zum Beispiel häufiger in Teilzeit, Minijobs oder in weniger gut bezahlenden Branchen beschäftigt. Diese Tatsache berücksichtigt der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap – und hier gibt es deutliche Abweichungen in der Bezahlung, bis zu 20 Prozent. Es gibt aber auch den bereinigten Gender Pay Gap. Hier werden Männer und Frauen verglichen, die unter den gleichen Voraussetzungen in den gleichen Berufen und Branchen arbeiten. Und es zeigt sich: Auch hier gibt es immer noch eine Lücke – und die lag 2023 im Durchschnitt bei sechs Prozent.
Ab einem Alter von 30 Jahren nimmt dieser Abstand laut Statistischem Bundesamt dabei fast stetig zu. Das hängt laut Erhebung mit der Geburt des ersten Kindes zusammen. Frauen unterbrechen ihre Karriere nämlich deutlich häufiger und länger für die familiäre Care Arbeit als Männer, was sich auf die Entwicklung des Gehalts auswirkt. So ist der größte Gender Pay Gap statistisch gesehen auch ein Alters-Pay-Gap: Im Alter zwischen 57 und 61 Jahren lag er 2023 bei 27 Prozent – und zwar bereinigt.
Wie sieht es nun konkret in der Musikbranche aus? In einer Studie hat das Musikinformationszentrum (miz) vergangenes Jahr den Gender Pay Gap unter Musikerinnen und Musikern untersucht. Frauen haben der Studie nach im Jahr 2022 durchschnittlich 26 Prozent weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen als ihre männlichen Kollegen – das sind etwa 700 Euro netto pro Monat. Und es ist keine Besserung in Sicht: Der Gender Pay Gap in Musikberufen ist seit 2005 in NRW kontinuierlich gestiegen – von 18 auf 26 Prozent im Jahr 2020. In den Pandemiejahren ist er kurzzeitig geschrumpft, schreibt das miz – aber nicht, „weil das Einkommen der Frauen stieg und sich dem Einkommen der Männer annäherte, sondern weil die Männer größere Einkommensverluste“ verzeichneten.
Diese Lücke will der Equal Pay Day verdeutlichen: Er liegt jedes Jahr an dem Tag, bis zu dem Frauen statistisch gesehen umsonst arbeiten, während Männer ab dem 1. Januar bezahlt werden. 2024 ist er am 6. März, einen Tag früher als vergangenes Jahr – das liegt allerdings am Schaltjahr, und nicht daran, dass sich etwas an der ungleichen Bezahlung geändert hätte.
All das hängt untrennbar zusammen mit einer weiteren Lücke: Dem Gender Care Gap, also der ungleichen Verteilung von Sorgearbeit im Haushalt, bei der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen und im Ehrenamt. Momentan investieren Frauen 43,8 Prozent mehr Zeit in diese Arbeit als Männer – umgerechnet 77 Minuten, jeden Tag. Und diese Arbeit bleibt vollkommen unbezahlt.