Kleine Frauen in Beerenfeldern

Vertonter Weltschmerz: Die Wiener Musikerin RAHEL erzählt von einer Welt nach dem Patriarchat – melancholisch, aber auch rotzig

Irgendwann als Jugendliche hat Rahel Kislinger angefangen Melodien in ihr rosa Klapphandy zu singen. Mit elf oder zwölf, auf dem Weg von der Schule nach Hause oder nachmittags in einem ruhigen Moment zwischen Bäumen und Hühnern auf dem alternativen Bauernhof in der Gemeinde in Niederösterreich, wo sie aufgewachsen ist. Ihr erster Song? Keine Ahnung, sie grübelt, vermutlich ist der irgendwie auf diesem Weg entstanden: „Das hat eine Zeitlang gedauert, und irgendwie dauert diese Zeit immer noch an“, sagt sie im Interview Anfang Dezember. „Mir war schon früh klar, dass ich auf die Bühne will, dass ich mein eigenes Ding machen will. Das klingt vielleicht pathetisch, aber ich möchte mein ganzes Leben diesen kreativen Prozessen widmen.“

Im Frühjahr 2024 ist RAHELs erstes Studioalbum erschienen, „Miniano“ ist der Titel: In elf Songs feiert die Musikerin eine postpatriarchale Welt, queeres Begehren und Freiheit vom normativen Zwang, und das alles mit einer Mischung aus stimmlicher und musikalischer Leichtigkeit und Rotzigkeit, dass man ihr vom ersten Ton an bedingungslos folgen möchte. „lass uns doch zusammen ganz konsequent diese welt missverstehen“, singt sie in „kleine frauen in beerenfeldern“, oder „du bist schön, ich bin extrem, zusammen können wir vielleicht der sterblichkeit entgehen“ („schaffner“): Es sind melancholische, neugierige, verträumte Texte, die die manchmal im feministischen Kampf aufkommenden Gefühle von Hoffnungslosigkeit auffangen, indem sie Utopie, Liebe und Freude an den kleinen Dingen zelebrieren. Sie erzählen von einer Welt, in der alle Nagellack tragen und „vergessen (ham) ob sie weiblich oder männlich waren“, in der alle Frauen im Stehen pinkeln, kleine Rehe auf den Dächern von Zügen sitzen, in der „meine heterosexualität erlischt, wo sich unser Atem trifft“, wo man „Hoffnung in Kleintieren misst“: „am strand da drüben laufen ponypferde, und da drüber wachsen frisch geschlüpfte feuerwerke, bis alle kleintiere gestorben sind, dauert es noch so lang“.

„Ich habe in meinem Leben oft das Feedback bekommen, du bist so merkwürdig“, sagt RAHEL, „Mich hat das verwundert. Ich selbst find mich ja nicht merkwürdig. Ein schönes Kompliment jedenfalls! Was ich phasenweise sehr schätze, ist die Selbstisolation. Zeit und Raum sind dann nur für die Sache da, die man liebt.“ 

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