Neue Regeln?

Nachdem gegen den Opernsänger Plácido Domingo Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs und Machtmissbrauchs laut geworden sind, hat er Stellung bezogen. Er erkennt darin an, dass sich „die Regeln und Standards“ geändert hätten – wie bitte?

Es fing an mit # MeToo und ist ein Riesenerfolg: die Tatsache, dass dieses Thema, zu dem fast jede Frau in Gesellschaften der letzten 1000 Jahre Geschichten über Geschichten erzählen könnte, endlich in dieser Form diskutiert und debattiert wird. Dass es mittlerweile selbstverständlich ist, dass eine Frau einen Mann wegen solcher Übergriffe anzeigen kann, und dass sie ernst genommen wird. Dass ein Klaps auf den Po kein Scherz ist und die Frau humorlos, weil sie ihn nicht versteht – sondern dass es sich dabei um einen zu verurteilenden sexuellen Übergriff handelt. Weil der Körper eines Menschen nur ihm selbst gehört und nur ihm selbst zur Verfügung steht. Basta.

Jede unerwünschte Berührung durch einen anderen Menschen ist übergriffig – übrigens genauso das ungefragte Abknutschen und Betatschen eines Kindes, weil es ja ach so süß ist. Ist eine unerwünschte Berührung zudem sexuell aufgeladen, handelt es sich um einen sexuellen Übergriff. Das Ganze hat in dem Moment außerdem noch mit Machtmissbrauch zu tun, wenn sich der Übergriffige dem anderen gegenüber in irgendeiner Weise in einer Machtposition befindet.

Bei Frauen und Männern war genau das leider schon immer so, und es ändert sich erst nach und nach: Männer bestimmten den Lauf der Dinge, sie führten Kriege und schlossen Frieden, sie zogen Ländergrenzen und besetzten andere Kontinente, sie malten Bilder und schlugen Statuen, rannten um die Wette und warfen Speere, sie komponierten und musizierten, während sie es geschafft hatten, den Frauen genau das Jahrhundertelang zu verbieten. Erst seit etwas mehr als 100 Jahren dürfen Frauen in Deutschland überhaupt wählen.

Immer schon bekleideten Männer hohe Ämter und Führungspositionen, Frauen nicht oder kaum. Queens und Pharaoninnen waren die absolute Ausnahme in der Geschichte – und ihre Gräber und Pyramiden sind lange nicht so prunkvoll und groß wie die der Männer. Und selbst in diesem Jahr, in dem der Frauenfußball eine mediale Präsenz hat wie noch nie zuvor, ist dies Tatsache: Die weiblichen Fußballerinnen verdienen einen Bruchteil dessen, was ihre männlichen Pendants bekommen. Gleiches beispielsweise bei freiberuflichen Musikern und Musikerinnen. Was für eine traurige Message: Ihre Arbeit ist wirtschaftlich gesprochen einfach nicht gleich viel wert.

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