Hochdotierte Preise für Wissenschaft und Kunst haben eine lange Geschichte; einer der ältesten ist der Nobelpreis. Alfred Nobel wollte mit seinem hinterlassenen Vermögen Wissenschaftlerinnen und Friedensaktivisten bei ihrer Arbeit unterstützen.
Er wusste einerseits: Ohne Geld kommt man in dieser Welt nicht weit. Andererseits betrachtete er große Vermögen als „Unglück, die das Menschengeschlecht nur in Apathie führen“. Die vielen Millionen schwedischen Kronen, die seit 1901 auf die Konten der Preisträger überwiesen wurden, sollten also deren weiteres Schaffen finanzieren, also ihnen jenseits von finanziellem Druck ihre Arbeit erleichtern.
Preisgelder können gerade für junge Menschen, für Nachwuchskünstlerinnen und -künstler eine wichtige Starthilfe sein. Der „Daphne Music Award“ aber geht an jemanden, der mit Anfang 40 auf dem Höhepunkt seiner Karriere steht, und bereits ein immenses Vermögen besitzt, nämlich mehrere Millionen Dollar.
In diesen Finanzozean in Besitz einer einzelnen Person fällt jetzt mit dem „Daphne Music Award“ ein kleiner Tropfen von 650.000 Euro. Was sollen 1,63 Prozent mehr Geld auf Lang Langs Konto in seinem Leben und Kunstschaffen verändern? Wie genau beschert ihm dieser Preis eine größere Bühne als die ohnehin schon maximale Öffentlichkeit, die er längst hat? Kurzum: Wenn ein hochdotierter Preis im Leben eines Künstlers nichts mehr verändert, dann bei Lang Lang.
Andererseits: Was genau verleitet Stiftungen dazu, den berühmtesten und reichsten Musikerinnen und Musikern der Welt die größten Preise zu vermachen? Hier wird es interessant. Denn natürlich profitieren von solchen Preisen nicht nur die Künstlerinnen und Künstler, sondern genauso die Stiftungen, die sie vergeben.
Der berühmteste Pianist der Welt ist von jetzt an mit der Danish National Research Foundation verbunden. Als ihr Preisträger wird er für sie womöglich Konzerte spielen und ihnen auf Social Media seine Reichweite und seinen Glanz zur Verfügung stellen. Er ist ihnen von jetzt an moralisch verpflichtet. Die Stiftung unter Leitung von Claus Christiansen hat sich also auf gewisse Weise in Lang Langs schillernde Welt eingekauft.
Das gleiche macht die Stiftung auch bei den beiden mit 100.000 Euro dotierten Förderpreisen, von denen einer an den längst weltweit etablierten Tenor Jonathan Tetelman geht. Dahinter stehen also offensichtlich keine künstlerischen Interessen.
Da lässt auch die ziemlich unpersönlich wirkende Jurybegründung tief blicken: Bei Lang Lang ist da zum Beispiel die Rede von „außergewöhnlicher Kunst“ und „charismatischer Ausstrahlung“, die „Neugier“ weckt, und bei Tetelman von „einer Bühnenpräsenz, die sofort fesselt“. Spätestens hier wird klar: Diese Vergabe basiert auf knallharter kapitalistischer Kalkulation.
Das ist nicht nur schade, sondern ein echtes Problem: Das führt nicht zu mehr Chancengleichheit auf einem umkämpften Markt, sondern zahlt in genau die ungerechte Dynamik ein, der viele kleine Künstlerinnen und Künstler mit ihren Projekten jedes Jahr zum Opfer fallen. Vielleicht lässt der Beschenkte das Preisgeld ja vollständig in seiner Lang Lang Music Foundation aufgehen, auch wenn es eigentlich nicht in seiner Verantwortung liegen sollte, die ungerechte Entscheidung einer Stiftung wieder wettzumachen.
