Es ist nie genug

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Der estnische Dirigent Paavo Järvi startet fulminant in seine erste Saison beim Tonhalle-Orchester in Zürich.

Es heißt, dass Orchester besser werden, wenn sie über eine längere Zeit mit Paavo Järvi zusammenarbeiten. Reaktionsschneller, stilsicherer, inspirierter. Tatsächlich? Ein kühner Ruf, der dem 56-Jährigen da vorauseilt. Im Gespräch Anfang November kommentiert er ihn nur schmunzelnd mit „Ich hoffe es“. Der gebürtige Este hat bisher viele Ensembles als Chefdirigent geleitet, in Stockholm, Cincinnati, Frankfurt, Paris und Tokio, wobei sein „Baby“ immer die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen geblieben ist, bis heute. Und jetzt gehört eben auch das Tonhalle-Orchester Zürich zu dieser Liste.

Järvi hat es sich in seinem Dirigentenzimmer in der Tonhalle Maag schon ein bisschen gemütlich gemacht. Espressomaschine, Sessel, Mittagsschlafbett, alles ziemlich minimalistisch. Sein Antrittskonzert hat vor einem Monat stattgefunden, die erste gemeinsame CD ist bereits erschienen – ein reines Messiaen-Programm –, gleichzeitig stehen im Konzertsaal erneut die Mikrofone bereit. Ein Tschaikowsky-Zyklus entsteht, der im Frühjahr 2021 erscheinen soll – auch nicht gerade das Repertoire, das die Musikwelt aus Zürich erwartet. Das Orchester hat sich in der Vergangenheit unter David Zinman vor allem mit Beethoven einen Namen gemacht und ist bekannt für seine Interpretationen deutschsprachiger Komponisten: Bruckner, Mahler, Brahms. Genau das Unerwartete aber ist Järvis Plan. Er macht die Dinge ganz bewusst anders, er macht sie neu, und zwar aus gutem Grund.

Die Schweizer Presse jauchzte vor Glück, als die Intendantin Ilona Schmiel im Frühjahr 2017 Järvi als neuen Chefdirigenten präsentierte. Mit Järvis Vorgänger nämlich, dem jungen Franzosen Lionel Bringuier, hatte man sich trotz guten Starts und vielerlei Hoffnungen doch rasch auseinandergelebt. Nach nur vier Jahren ließ Bringuier Ende der Saison 2017/18 ein recht desorientiertes Tonhalle-Orchester zurück.

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